Stoneman Miriquidi Road Gold - 2022

Stoneman Miriquidi Road Gold – 290 km mit 4900 hm an einem Tag.

 

Nach langer Zeit habe ich mal wieder den Bedarf, einen Erlebnisbericht zu schreiben. Und zwar aus dem Grund, dass ich selbst zuvor keinen ausführlichen Bericht vom Stoneman Miriquidi Road gefunden habe.

 

Aber fangen wir am Anfang an.

 

Ich bin 42 Jahre alt, 181 cm groß und aktuell ca. 82 kg schwer (also zu schwer!).

Mein Rennrad ist ein Eigenaufbau aus dem Jahr 2011, aber ich fahre es immer noch so gern wie am ersten Tag. Es ist ein BEONE Raw Pro, einer nicht mehr existierenden niederländischen Marke. Ich fahre es mit einer SRAM Force 10 fach Schaltung mit 50/34 Kettenblättern und 11/28 Kassette. Es wiegt knapp über 7 kg, dass muss es auch da ich ja schon so schwer bin, frei nach dem Motto "Carbon statt Kondition   ". 

Ich fahre seit 2005 Rennrad und es gab Zeiten, in denen ich viel Zeit zum Trainieren hatte. Entsprechend konnte ich dann auch an vielen Veranstaltungen teilnehmen und bin schon etliche Radmarathons gefahren. Dann gab es auch Zeiten, in denen ich nicht so viel Zeit hatte und im Jahr auch mal nur 2000 km gefahren bin.

 

Mein Trainingsstand vor dem Stoneman waren laut Strava in diesem Jahr ca. 2500 km und 22.000 Höhenmeter. Und damit zumindest zu wenig, um sich bei so einer Tour sicher zu sein, auch anzukommen. Dazu mein etwas zu hohes Gewicht (denn ich liebe Schokolade... und das ist ein echtes Problem!), da hat man dann schon berechtigte Zweifel.

 

Trotzdem entschieden wir uns zusammen mit meinem Trainingspartner und Freund Olli, uns am Stoneman zu versuchen. Und weil wir einfach einen an der Waffel haben, gleich mal an nur einem Tag, also die „Gold Variante“.

 

Die beste Zeit dafür ist Mitte bis Ende Juni, weil dann die Tage am längsten sind. Nach einem Blick in den Familienkalender stellte sich der 25.06.2022 als passend heraus.

Es allein zu versuchen war für keinen von uns eine Option, zu zweit erschien uns zumindest machbar, mit dem Gedanken an eine dreier oder vierer Gruppe fühlte ich mich noch etwas wohler. Deshalb fragte ich zwei Freunde aus Gießen bzw. Frankfurt/M, ob sie uns begleiten wollen. Beide hatten Lust, aber nur bei einem passte der anvisierte Termin. Also waren wir mit Dirk nun schon zu dritt.

 

Um Dirk die Anreise an einem Freitagabend aus Gießen etwas zu verkürzen, einigten wir uns auf Olbernhau als Startort. Zwischenzeitlich war auch noch ein erfahrener Fahrer aus Dresden interessiert, uns zu begleiten, er musste dann aber kurzfristig gesundheitsbedingt absagen. Er steuerte dafür aber den auf Start und Ziel in Olbernhau angepassten gpx-Track bei. Allerdings ohne die Wegpunkte für die Kontrollpunkte des Originaltracks.

 

Um das Tageslicht maximal ausnutzen zu können, planten wir, um 5 Uhr morgens zu starten. Um 4:30 Uhr wäre es tatsächlich auch schon hell genug gewesen. Damit wir morgens einigermaßen ausgeschlafen starten konnten, mieteten wir uns jeder ein Hotelzimmer in Olbernhau. Das Hotel Berggasse ist günstig und zweckmäßig. Tatsächlich würden wir beim nächsten Mal aber eher im Hotel Saigerhütte übernachten. Die Saigerhütte ist einfach ein sehr schöner Ort, es gibt gutes Essen und die Zimmer sind nur ein wenig teurer.

 

Am Freitag, den 24.06.2022 fuhren wir also am Abend nach Olbernhau. Wir holten unsere Startpakete in der Saigerhütte ab und aßen da auch gleich noch eine schöne Portion Lachsnudeln (sehr lecker). Danach ging es ins Hotel und ab ins Bett.

 

Samstag, 25.06.2022, 4 Uhr morgens. Der Wecker vom Handy klingelte und ich hatte doch recht gut geschlafen. Für das Frühstück hatte ich mir Äpfel und Brötchen von zu Hause mitgenommen. Zwei weitere Brötchen waren für Unterwegs auch schon geschmiert. Also alles in die Trikottaschen gepackt, die Oberrohrtasche mit Riegeln, Lampe und Ersatzakku (nichts wäre schlimmer, als ein leerer Akku des Navigationsgerätes unterwegs) beladen und ab nach draußen.

 

Die beiden anderen Verrückten waren auch schon dabei, ihr Fahrrad aufzubauen. Noch mal etwas Luft nachgepumpt, so standen wir 5:09 Uhr abfahrbereit da.

Die Temperatur war angenehm, es war windstill und bewölkt. Wir fuhren zunächst zur Saigerhütte und holten uns dort gleich das erste Loch in der Karte.

 

Die nun folgende Streckenbeschreibung orientiert sich an den Abschnitten, die sich durch die Kontroll- bzw. Stanzstellen ergeben.

 

Saigerhütte –> Schwartenberg – 13,1 km mit 312 hm

 

Von der Saigerhütte ging es entspannte 9 km bis nach Seiffen, erst flach im Tal und dann mit angenehmer Steigung aus dem Tal heraus. Nach kurzer Zeit erreichten wir den Schwartenberg auf 778 m ü.NN.

Ein guter Einstieg in die Runde, da ich immer erst mal warm werden muss beim Radfahren. Das ging hier sehr gut.

Die Stanzstelle auf dem Schwartenberg war nicht zu übersehen. Die Aussicht von da ist sicher schön, wir sahen allerdings nur die dicken Regenwolken, die genau in unserer weiteren Fahrtrichtung drohten.


Schwartenberg –> Holzhau – 21,3 km mit 280 hm

 

Die erste Abfahrt des Tages führte uns vom Schwartenberg hinab nach Neuhausen. Breite Straßen, guter Asphalt, also kein Problem. Unten angekommen ging es mit moderater Steigung hinauf zur Talsperre Rauschenbach. Nach einer langen Kehre im Wald hatte man einen schönen Blick auf die Staumauer. Es wurde nun auch immer feuchter von oben, so dass wir langsam, aber sicher durchweichten.

Weiter ansteigend ging es durch den Ringelwald, bevor man die Abfahrt runter nach Holzhau genießen konnte.

Die Stanzstelle war hier nicht zu verfehlen, die blaue Tafel von der Straße aus gut zu sehen, auf der rechten Seite kurz vor dem Bahnübergang.

 

Holzhau –> Bärenfels – 18,3 km mit 301 hm

 

Im Holzhau erreichten wir das Muldetal und folgten diesem bis zum Abzweig nach Neuhermsdorf. Die Steigung war im Tal noch angenehm, nach dem Abzweig wird es etwas steiler. Auf der dann folgenden kurzen Abfahrt drehte der Regen so richtig auf, die Straße war komplett mit Wasser bedeckt. Das war der Moment, in dem uns das Wasser in die Schuhe lief und es war klar, dass es dort für den Rest des Tages bleiben würde.

Wir waren nun also komplett durch. Es war jedoch nicht kalt, weshalb die Nässe zwar unangenehm war, uns aber in keinem Moment am Weiterfahren hinderte.

Nach dem Pöbeltal ging es hinauf nach Bärenfels, wo der nächste Kontrollpunkt sein sollte.

 

Bärenfels –> Zinnwald – 13,2 km mit 330 hm

 

Wir fuhren also nach Bärenfels hinein und mir fiel ein, dass wir hier wieder eine Stanzstelle finden mussten. Wir fuhren also weiter den Ort hinauf, teilweise mit recht ordentlicher Steigung. Am Ortsausgang war aber immer noch keine Tafel zu finden. Also hieß es zurück und den Berg wieder hinunter.

Aus dieser Richtung kommend war die blaue Tafel dann auch sofort erkennbar. Bei der Einfahrt nach Bärenfels haben wir sie tatsächlich übersehen, da sie längs zur Blickrichtung stand. Hier also darauf achten, gleich am Ortseingang links auf dem Parkplatz anhalten.

Nach dem Stanzen der Karte ging es also wieder den Berg hinauf und weiter hoch bis nach Schellerhau. Über ein paar kleine Wellen erreichten wir Altenberg, es regnete immer noch.

 

In Altenberg war unsere geplante Frühstückspause, wir fuhren von der Hauptstraße ab und hielten beim Bäcker Braun auf der Rathausstraße an.

Unter dem Vordach konnten wir geschützt sitzen und unsere Brötchen und ein Stück Kuchen essen, frisches Wasser gab es auch noch in die Flaschen.

Die Kunden der Bäckerei sahen uns alle mitleidig an, grüßten aber ausnahmslos. Nach ca. 20 min fuhren wir weiter.

 

Zurück auf der Hauptstraße nach Zinnwald kam eine andere Gruppe Rennradler vorbei, die wir am Anstieg zur Grenze einholten. Die Kollegen befanden sich auch auf der Stoneman Strecke, waren am Morgen aber in Bärenfels gestartet und schon den zweiten Tag unterwegs. Es war eine geführte Tour mit Gepäcktransport und zeitweiser Begleitung durch Olaf Ludwig.

Über Georgenfeld ging es hinauf zum Hotel Lugsteinhof, kurz danach erreichten wir die Stanzstelle. Gut erkennbar direkt am Weg steht hier die blaue Tafel.


Zinnwald –> Litvinov Zámek Valdštejnu – 30,5 km mit 220 hm

 

Der Weg über die Grenze führte über einen ca. 300 m langen, schmalen Sand- und Schotterweg. Wenn man den vorsichtig fährt, ist das ohne Probleme machbar. Offiziell wird es als Schiebepassage beschrieben.

Der erste Kontakt zu tschechischen Straßen war hier oben sehr rau. Dazu war die Sicht ins Tal praktisch nicht vorhanden, denn statt Regen hatten wir nun Nebel. Weiter ging es vorbei am Stürmer und nach kurzer Abfahrt weiter hinauf nach Dlouhá Louka.


Gerade als wir hier in die Abfahrt gingen, wurden wir von einem Herrn mit Regenschirm und gelber Warnweste, mit lautem Rufen gestoppt. Er hatte bereits einige Radfahrer angehalten, die sich in einem Wartehäuschen untergestellt hatten.

Der Grund war ein Autorennen. Die lauten und recht alten Rennwagen kamen den Berg hinauf gerast. Wir mussten ca. 10 bis 15 min warten, bis alle oben angekommen waren. Dann fuhren die Autos langsam wieder hinunter und wir ganz langsam hinterher. Wir sahen sofort, dass auf der noch nassen Straße, unzähligen Ölflecken von den „Rennwagen“ waren. Wir mussten also in jeder Kurve sehr vorsichtig sein, um nicht auszurutschen.

Unten angekommen rollten wir weiter bis nach Litvinov. Es war klar, dass wir hier wieder eine Stanzstelle finden mussten. Diese war jedoch gut versteckt. Das Begleitfahrzeug der anderen Gruppe gab uns aber den entscheidenden Hinweis. Die kleine Abzweigung auf dem gpx-Track konnte man schnell übersehen. Die Tafel ist hier nicht freistehend, sondern an einer Baracke befestigt. Also Augen auf!

Kurz nach uns kam auch wieder die Gruppe um Olaf Ludwig an.


Litvinov –> Nová Ves v Horách – 11,4 km mit 466 hm

 

Der nächste Anstieg begann in Mariánské Údolí und war gleich am Anfang mit um die 10 % Steigung recht knackig. Das war auch der erste lange Anstieg, an dem uns Dirk seine Kletterfähigkeiten vorführen konnte. Ich hatte Mühe mit meiner 34/28 Übersetzung dranzubleiben und ging einige Male aus dem Sattel. Dirk hatte eine Kassette mit 36er Ritzel montiert und konnte daher locker und konstant treten. Ein bisschen neidisch war ich da schon, aber es half ja nichts.

Nach einigen Kehren erreichten wir Nová Ves v Horách. Auch hier musste man wieder einen kleinen Abzweig (ca. 200 m) des gpx-Tracks beachten, um die Stanzstelle zu finden.

Sie stand an einem Parkplatz vor einem kleinen Museum. Von da fuhren wir die 200 m wieder zurück.

 

Nová Ves v Horách –> Chomutov – 31,5 km mit 424 hm

 

Auch hier kamen die ersten der Gruppe Olaf Ludwig kurz nach uns an, dass ging so auch weiter bis zum Fichtelberg, aber so weit waren wie noch lange nicht.


Es folgte ein auf und ab bis nach Kalek, von wo aus man theoretisch direkt über die Grenze und hinunter nach Olbernhau hätte fahren können. Das war für uns aber keine Option!

Der Regen hatte nun aufgehört, die Straße war fast trocken, so dass die lange Abfahrt nach Chomutov ein echter Genuss war. Wir mussten nur einige Male bremsen, um Dirk nicht zu verlieren. Das was er bergauf schneller war, konnte er bergab wieder ausgleichen ;-) aber das kannte ich schon von unseren gemeinsamen Touren.

In Chomutov unterquerten wir die Autobahn und erreichten den Zoopark. Gleich am Anfang ist ein Parkplatz und dort die nächste Stanzstelle, die blaue Tafel ist hier recht gut zu sehen, wenn man auf dem Track bleibt.

 

Chomutov –> Klášterec nad Ohří – 33,1 km mit 189 hm

 

Dieses Teilstück des Stoneman Miriquidi ist das flachste, es folgte jedoch der lange Anstieg hinauf zum Keilberg. Unsere Uhr zeigte inzwischen 13 Uhr und es war Zeit für eine Mittagspause.

Durch das Städtchen Chomutov folgte die Strecke fast komplett einem schönen Radweg, was sehr angenehm war.

Ich hatte vorab bereits einen Penny-Markt an der Strecke gesucht, an dem wir dann auch anhielten und uns Brötchen, Bananen, Äpfel, Schokolade und Wasser holten.

Die Sonne kam raus und wir zogen unsere immer noch klatschnassen Schuhe aus. Die Sohlen wurden zum Trocknen rausgezogen.


Ich hatte mich am Morgen dummerweise für weiße Socken entschieden, durch den Regen und den Straßendreck waren sie nun leider grau bis schwarz.


Frisch gestärkt nahmen wir den folgenden flachen Abschnitt in Angriff. Er war zäher als gedacht. Der Weg führte an einem großen Tagebau entlang, dass dazu gehörige Kraftwerk immer vor Augen. Leichter Wind wehte uns entgegen, wir wechselten uns also in der Führung gleichmäßig ab.

Das nächste Städtchen war Kadaň am Fluss Eger (Ohří). Ein sehr schöner Ort. Der Track führte hier direkt an den Fluss, eine Absperrung hielt uns jedoch auf. Es gab wohl ein Straßenfest, für welches man Eintritt zahlen musste. Die netten Damen am Einlass wiesen uns einen kleinen Umweg durch die Stadt, nach kurzer Zeit waren wir wieder auf dem richtigen Weg.

Kurz vor der Überquerung der Eger-Talsperre fuhren wir noch über einen schönen Steg aus Gitterrosten und haten von der Staumauer einen schönen Blick.

Hier ließen wir den tiefsten Punkt des Stoneman Miriquidi Road hinter uns und es ging gleich wieder stramm bergauf.

Nach ein paar Wellen auf schönen ruhigen Straßen erreichten wir Klášterec nad Ohří und damit den Beginn des längsten Anstieges.

Direkt nach der Eger-Brücke befand sich auf der linken Seite ein Parkplatz, die blaue Tafel der Stanzstelle war hier nicht zu übersehen.

 

Klášterec nad Ohří –> Klínovec (Keilberg) – 26 km mit 1121 hm

 

Nun war es also soweit, der vermeintliche Endgegner war erreicht. Das gilt zumindest für alle, die in Oberwiesenthal starten.

Wir hatten hier 175 km in den Beinen und verabredeten, dass am Berg nun jeder sein Tempo fahren und der erste auf dem Keilberg für alle eine Apfelschorle bestellen sollte.

Noch in Klášterec begann der Anstieg, es ging gleich mit reichlich Steigungsprozenten (im einstelligen Bereich) den Berg hinauf.



Gut 10 km bis nach Měděnec, ab da wurde es etwas flacher. Ich konnte das Tempo von Dirk hier gut mitfahren und wir unterhielten uns, wir waren also beide noch in einem guten Pulsbereich unterwegs.

Ab Horní Halze war es zwar nicht mehr so steil, aber trotzdem zäh. Es folgten einige Wellen, es ging viel geradeaus und die Straße wirkt als wäre sie flach. Tatsächlich waren es aber oft 2 bis 4 % die bei leichtem Gegenwind nicht besonders gut rollten.

Wir erreichten das Skigebiet unterhalb des Keilberges, mit Hotels und Liftanlagen. Wir bogen links ab und es wurde wieder deutlich steiler, mit 5 bis 8 % ging es hinauf bis zum Abzweig zum Gipfel. Und auch der letzte Kilometer bis hinauf hatte es noch einmal in sich!

Oben angekommen war ich schon sehr froh, das geschafft zu haben. Nach ca. 200 km auf dem höchsten Punkt der Runde anzukommen war ein gutes Gefühl.

Dirk wartete schon auf mich, auf den letzten Kilometern war er doch ein paar Minuten schneller gefahren.

Von Olli war zuvor schon einige Kilometer nichts mehr zu sehen und wir hatten ein schlechtes Gewissen, ihn allein gelassen zu haben. Nach 15 Minuten machten wir uns schon etwas Sorgen, nach weiteren 5 Minuten kam er dann an.

Die Stanzstelle befindet sich hier am Parkplatz und ist nicht zu übersehen.

 

Klínovec –> Fichtelberg – 6,5 km mit 144 hm

 

Wir nutzten die Wartezeit und füllten unsere Flaschen in der öffentlichen Toilette auf. Hier zahlt man 20 Kronen oder einen Euro Eintritt. Das war es uns Wert, so konnte man sich auch mal die Hände und das Gesicht waschen.

Die geplante Apfelschorle gönnten wir uns im Restaurant an der alten Seilbahn, ein Stück unterhalb des Gipfels.

Olli entschied hier für sich, dass er nach dem Fichtelberg auf direktem Weg nach Olbernhau fahren würde. Die letzten beiden Stanzstellen wollte er nicht mehr anfahren.

Dirk und ich waren uns aber einig die Runde komplett zu finishen. Leider hatte Dirk nur ein Rücklicht aber keinen Scheinwerfer dabei, also mussten wir uns nun doch etwas beeilen. Die Uhr zeigte etwa 17:30 Uhr, wir hatten also gut 4 Stunden für die noch verbleibenden reichlich 90 km.

Also rauf aufs Rad und hinüber zum Fichtelberg. Die Abfahrt war zunächst rasant, es ging viel geradeaus. Am Grenzübergang gleich links und hinein in die Auffahrt zum Fichtelberg. Drei steilere Rampen mit einer kleinen Zwischenabfahrt und wir standen am Fichtelberghaus. Die Stanzstelle ist hier nicht zu verfehlen.

 

Fichtelberg –> Bärenstein – 20,2 km mit 253 hm

 

Wir verabschiedeten uns von Olli, ich bastelte meine abgestürzte Kette wieder auf das Kettenblatt und dann fuhren wir mit Schwung die Abfahrt hinunter nach Oberwiesenthal.

Wenn man nicht hier gestartet ist, kann man sich die Ortsdurchfahrt mit den teilweise recht löchrigen Straßen auch sparen und einfach die Umgehungsstraße runter ballern. Wir blieben aber auf dem Track und kamen unten im Tal wieder auf die Hauptstraße.

Dort gleich nach Tschechien und es ging immer weiter mit moderatem Gefälle den Berg hinab. In Bärenstein überquerten wir die Grenze dann wieder.

Was nun kam wird mir sicher in Erinnerung bleiben. Schon auf der Annaberger Straße stieg es gut an, aber ab dem Abzweig zum Berg namens Bärenstein ging es dann richtig los. Wir hatten hier 230 km und ein paar Tausend Höhenmeter in den Beinen, da tat das richtig weh. Die Geschwindigkeit blieb nun konstant unter 10 km/h, die Steigung dafür deutlich über 10 %! Ich konnte hier nur noch im Stehen fahren und war froh, keinen Krampf zu bekommen.

Die Stanzstelle war auch hier nicht zu verfehlen. Es war nun 18:35 Uhr, also noch 3 Stunden Tageslicht für gut 60 km mit fast 900 hm. Easy ;-) – NICHT!

 

Bärenstein –> Drei-Brüder-Höhe – 32,2 km mit 465 hm

 

Auf dem Weg zurück nach Bärenstein waren wir uns einig, dass das ein echter Schweineberg war.

Bis nach Kühberg wurden die Beine nur locker bewegt, denn es ging auch gleich wieder hinauf nach Jöhstadt und wellig weiter nach Grumbach vorbei an einem schönen lila Feld.

Dann eine lange Abfahrt nach Mildenau, ein kleiner Anstieg nach Mauersberg und hinunter ins Preßnitztal. Aus dem Tal aber gleich wieder mit über 6 % nach oben, über Großrückerswalde erreichten wir Marienberg.

Um zur Drei-Brüder-Höhe zu kommen, mussten wir Richtung Wolkenstein fahren und bogen nach 2,5km rechts ab. Bis zum Gipfel waren es nur 500 m, aber ein kurzes Stück über 10 % zwang mich wieder aus dem Sattel und ich kämpfte mich im Stehen bis zum Gipfel.

Die letzte Stanzstelle erreichten wir um 20:20 Uhr.

Unsere Karten war nun vollständig gelocht!

 

Drei-Brüder-Höhe –> Saigerhütte Olbernhau – 28,6 km mit 408 hm

 

Noch mehr als eine Stunde für den Rest der Strecke, zum Bummeln hatten wir keine Zeit. Also schnell einen Riegel eingeworfen und zurück nach Marienberg.

Von Marienberg nach Pobershau wurde die Straße gebaut, die Umleitung führte über das Örtchen Gebirge, und damit natürlich wieder über eine Kuppe.

Aus Pobershau heraus kam gleich der nächste Anstieg, wieder 2,5 km mit zeitweise fast 10 % Steigung. Erneut im Stehen fahren. Dirk der neben mir stoisch tretend fuhr, fragte mich plötzlich: „Na, machts immer noch Spaß?“ Meine Antwort war in dem Moment ein etwas gequältes „Ja!“. Aber es stimmte auch, es machte noch Spaß, vor allem weil wir es fast geschafft hatten.

Nun war es auch egal, wenn die Beine brannten. Wenn man am Berg schneller fährt, ist man auch schneller oben.

Gesagt getan, wir erreichten Kühnheide und hier den wirklich letzten kleinen Anstieg des Tages.

Es war 21:10 Uhr und wir hatten noch 12 km Abfahrt vor uns. Eine Jacke brauchten wir dafür nicht, es war angenehm warm, aber das Rücklicht musste aktiviert werden.

Am Flüsschen Natzschung fuhren wir direkt an der Grenze das Tal hinunter, es rollte herrlich und wir drückten noch einmal kräftig in die Pedale.

Um 21:35 Uhr erreichten wir die Saigerhütte und damit unser Ziel.

Wir wurden mit Gratulation vom Personal in Empfang genommen, bekamen ein Freigetränk, wurden fotografiert und nahmen unsere Trophäe in Empfang, den goldenen Stein!

Wir sahen sicher nicht mehr besonders frisch aus und gerochen haben wir vermutlich mehr als unangenehm.

Im Hof der Saigerhütte wurde ein Fest gefeiert, einige der Gäste sprachen uns kurz an. Wir gönnten uns noch ein leckeres Ofenbrot. Auch Olli war inzwischen angekommen, viel kürzer war sein Weg vom Fichtelberg nach Olbernhau leider nicht und einige Höhenmeter musste auch er bezwingen.

 

Nach dem Essen rollten wir zurück zum Hotel. Mein Tacho zeigte am Hotel 298,1 km mit 5.552 hm. Davon sind ca. 5 km für den Weg zwischen unserem Hotel und der Saigerhütte abzuziehen. Außerdem auch noch ca. 3 km für die Extrarunde in Bärenfels, weil wir den Kontrollpunkt übersehen hatten. 


Wir verabschiedeten uns von Dirk, der direkt ins Bett gehen konnte, stiegen ins Auto und fuhren noch zurück nach Dresden. Kurz nach Mitternacht waren wir zu Hause.

 

Fazit:

 

Was für ein unglaublicher und unvergesslicher Tag!

 

Wir hatten uns unterwegs mehrmals gegenseitig gefragt, ob es denn noch Spaß machen würde. Ich konnte das tatsächlich immer mit „Ja!“ beantworten. Wir hatten uns unsere Kraft gut eingeteilt. Viele Jahre Radfahren und viele Touren über 200 km sind hilfreich, um seinen Körper kennenzulernen.

Wir sind von Anfang an die Berge diszipliniert gefahren, großer Dank dafür an Olli. Mit ihm kann man sich auf normalen Strecken auch wunderbar kaputtfahren, er hat ordentlich Druck auf dem Pedal und macht mich dabei regelmäßig fertig. An diesem Tag gab es aber kein Ballern, nur konstantes Fahren.

 

Unseren Zeitplan konnten wir trotz der nicht geplanten Pausen einhalten. Die 13 Kontrollpunkte kosten jeder sicher 5 Minuten, dass sind in Summe auch über eine Stunde. Mit unseren Essenspausen und sonstigen Stopps saßen wir in Summe 3 Stunden nicht auf dem Rad.

 

Würde ich das wieder machen? Auf jeden Fall! Am liebsten zusammen mit meiner Frau, verteilt auf 2 oder 3 Tage. Also als Silber oder Bronze Tour. Die Strecke ist so schön, dass man sich da wirklich auch mehr Zeit nehmen sollte, um an schönen Orten auch mal anhalten und genießen zu können. Das ist unser Plan für das nächste Jahr.

 

Ich war am Ende doch sehr froh und nicht wenig erstaunt, dass ich den Tag so gut durchhalten konnte. Es gab keine großen körperlichen Probleme, klar tut einem nach 200 km irgendwann der Hintern weh. Wir hatten auch kein technisches Problem, keinen Platten, nichts. Mein Sohn fragte mich am nächsten Tag: „Warum habt ihr die 300 km nicht vollgemacht?“ Meine ehrliche Antwort: „Es war mir komplett egal.“

 

 

Meine wichtigsten Tipps für alle, die sich am Stoneman Miriquidi Road versuchen wollen:

 

  1. Trainiert so viel ihr könnt, je mehr Trainingskilometer und -höhenmeter man hat, um so mehr Spaß hat man unterwegs.
  2. Packt euch eine ordentliche Bergkassette ans Rad. Jeder Gang Reserve kann einem helfen.
  3. Esst und trinkt regelmäßig während der Fahrt, vor allem wenn man auf Gold fährt.
  4. Plant eure Strecke vorab, so dass Ihr zumindest eine Idee habt, wo Ihr Essen und Trinken nachfüllen könnt.
  5. Lest was auf den blauen Schildern steht. Dort ist immer auch die nächste Kontrollstelle benannt. Wir haben uns oft gefragt, wann denn nun die nächste kommt.
  6. Mich hat das Starterpaket und die Aussicht auf die Trophäe unterwegs schon motiviert, durchzuziehen. Macht sich auch gut auf dem Regal. 
  7. Die digitale Stanzkarte hat bei unserem Kollegen aus Dresden nicht funktioniert. Die Stanzkarte ist da wohl die sichere Lösung.

 

Und damit wünsche ich allen zukünftigen Stoneman Miriquidi Road Fahrern und Fahrerinnen viel Spaß.